Andere haben einen Baum. Oder einen Berg. Ich habe einen Hochspannungsmast. Seit über zwanzig Jahren ist Mast 31 mein persönlicher Fixpunkt im Hinterland Berns. Den etwas abgegriffenen „Kraftort“ will ich aber nicht bemühen, denn darum geht es gar nicht. (Obwohl: Ein aussergewöhnliches Energiefeld ist in unmittelbarer Nähe einer Freileitung definitiv nicht zu leugnen). Mast 31 ist nicht irgendein Hochspannungsmast, für mich ist er ein Rückzugsort mit Geschichte. Ich habe dort über wichtigen Entscheidungen gebrütet, Erfolge gefeiert, Rückschläge verdaut, den Blick in die Vergangenheit und in die Zukunft gerichtet und über das grossartige Panorama schweifen lassen. Mast 31 heisst für mich Distanz gewinnen, eine andere Perspektive einnehmen und dem aufgewirbelten Staub des Alltags Zeit geben, sich zu setzen. Mast 31 ist für mich eine Geisteshaltung geworden. Ich muss gar nicht unbedingt hingehen.
Ich glaube, jede Organisation braucht ihren Mast 31, damit sie langfristig gedeihen kann. Die Fähigkeit, inne zu halten und darüber nachzudenken, was war, was ist und wohin die Reise geht. Mit meinen Beratungsdienstleistungen rund um die Unternehmenskultur bringe ich ein Stück Mast 31 in Ihre Organisation.
Nettes Sujet, liesse sich sagen, aber was bleibt ausser dem persönlichen Bezug des Beraters? Warum nicht ein Leuchtturm als Firmenlogo? Oder wann haben Sie zuletzt einen Strommast-Kalender gesehen? Eben. Aber so einfach ist es dann doch nicht.
Der Hochspannungsmast illustriert in meinen Augen wesentliche Züge meines Beratungsverständnisses ganz treffend, gerade auch in Abgrenzung zu einem Leuchtturm. Wenn ich in einer Organisation berate, gehe ich von den bereits vorhandenen Ressourcen aus. Die Organisation und ihre Mitarbeitenden selbst sorgen für die Spannung im übertragenen Sinne, stellen die Energie, den Strom bereit. Sie haben im Prinzip alles, was es für eine erfolgreiche Veränderung braucht. Meine Aufgabe besteht darin, den Strom aufzunehmen, ihn möglichst reibungsfrei fliessen zu lassen und in die gewünschten Richtungen zu lenken. Ich begleite Veränderungsprozesse, mache dabei den Weg frei für neue Lösungen, schlage eine Brücke zwischen verschiedenen Akteurinnen und Akteuren, zwischen unterschiedlichen Interessen. Wie Mast 31 stehe ich mittendrin und leiste meinen Beitrag, damit die beiden Enden der Leitung optimal verbunden werden.
Ein Leuchtturm hingegen zeigt allen, wo’s langgeht. Er weist aus Distanz den Weg, bringt klare Orientierung auf dem dunklen Ozean. Ich erkenne darin ein Beratungsverständnis, das auf Wissensvermittlung beruht. Auf Ratschlägen und Anleitungen, wie etwas „richtig“ zu tun ist. Bisweilen wird dieser auf Fachwissen fokussierte Ansatz in der Beratungslandschaft als die eigentliche „Beratung“ bezeichnet. Haltungen im Sinne des Hochspannungsmasts sind dann eher dem Coaching zuzuordnen. Ich sehe mich nicht als Leuchtturm-Berater. Aber natürlich prägt Wissen meine Visionen und meine Tätigkeit. In dieser Hinsicht halte ich es mit Mast Nr. 30. Dort ist ganz oben eine Mobilfunkantenne installiert. Auch Hochspannungsmasten sind eben manchmal sendungsbewusst.